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100 Jahre jung: der Burgerverband

Ohne Parteiengezänk und Profilierungssucht, dafür mit einem Glas Weisswein
(Auszug aus Medaillon Nr.20, November 2013)

Eigentlich ist er noch jung, der Burgerverband, obwohl er 1913 gegründet wurde und heuer sein 100-jähriges Bestehen feiert. Denn zu diesem Zeitpunkt gab es die Burgergemeinde schon lange. Die Gründung erfolgte mit der Absicht, die damaligen Gräben zwischen den Alt- und den Neuburgern zu überwinden. Mit Erfolg, wie wir rückschauend festhalten können. Der Burgerverband und sein Gegenstück, die Vereinigung Burgerliches Bern, setzen sich heute gemeinsam für das Wohl der Burgergemeinde ein — auch wenn die beiden «Parteien» im Grossen Burgerrat durch einen Mittelkorridor getrennt sind, übersichtlich sortiert wie im britischen Unterhaus.

Heute nimmt der Burgerverband zwei ganz zentrale Funktionen wahr. Er informiert zum einen seine Mitglieder über das Geschehen in der Burgergemeinde. Denn wie Mark Twain einmal spöttisch gesagt hat: Tatsachen muss man kennen, bevor man sie verdrehen kann. An jährlich zwei Hauptversammlungen erklärt der Verband daher aus erster Hand die Abstimmungsvorlagen und präsentiert vor Wahlen die Kandidaten und Kandidatinnen für die burgerlichen Ämter. Er bietet so den Rahmen für den direkten Kontakt zwischen der Burgerschaft und den Behörden. Das kann durchaus auch über ein Glas Waadtländer Wein geschehen.

Zum anderen sucht und nominiert der Burgerverband Personen, die sich für die Ämter in den burgerlichen Behörden und Kommissionen zur Verfügung stellen. Er schreibt sich damit ein in die typisch schweizerische Form des Engagements für die Allgemeinheit im bewährten Milizsystem. Unsere Burgergemeinde kann nur dann ihre vielfältigen Aufgaben wahrnehmen, wenn ihre Mitglieder ohne Parteiengezänk und Profilierungssucht für das gemeinsame Ziel arbeiten.

Der Burgerverband, bei dem jede Burgerin und jeder Burger Mitglied werden kann, schafft die Gelegenheit, persönliche Kontakte über die Gesellschaften und Zünfte hinaus zu knüpfen. Er organisiert nicht nur Ausflüge und Besichtigungen, die einen tiefen Einblick in die Tätigkeiten der Burgergemeinde geben. Mehr noch und ganz wichtig: Er motiviert Jungburgerinnen und Jungburger, ihre Nasen erstmals in die Angelegenheiten der Burgergemeinde zu stecken.

Michael Schorer